Hubert Kersting

 

 

 

Die Schwarze Hand

und

der Rotfuchs „Schenkewald“

 

 

 

Kriminalroman für junge Leser

 

 

 

 

 

Einleitung

 

   Die Helden unserer Geschichte kommen aus Nord­kir­chen und sind zwischen 10 und 15 Jahre alt. Haben wei­te Ho­sen an, wo der Schritt an den Kniekehlen hängt und dar­über am lieb­sten Opas alte Oberhemden. Statt lang trägt man am lieb­sten kurze Haare, mischt etwas Gel oder Farbe dazu und ist da­durch in.

   Die fünf kleinen und großen Helden haben für ih­ren Ge­heim­bund einen eigenen Na­men, ein ei­ge­nes Zeichen und ei­nen eigenen Spruch. Sie nen­nen sich die Schwarze Hand. Ihr Mar­ken­zei­chen ist ein gleich­schen­k­liges Drei­eck ­mit ei­nem Kreuz in der Mitte. Das gleich­schenklige Dreieck sagt aus, dass alle in der Grup­pe gleich­be­rech­tigt sind. Das Kreuz steht da­für sich immer und überall für Ge­rechtigkeit und das Gute ein­zu­setzen und zu kämp­fen. Ihr Leit­spruch lautet wie schon bei den alten Mus­ketie­ren: Ei­ner für alle, alle für ei­nen.

   Wenn die Fünf aktiv sind, hinter­lassen sie als Mar­ken­zei­chen einen schwarzen Handab­druck. Alle fünf haben ­sich ge­schworen, nie­man­dem et­was über ihren Geheim­bund zu er­zäh­len. Nicht einmal die eige­nen Eltern dürfen ­dar­über etwas wissen.

   Sarah ist 12 Jahre alt, blond und das einzige Mäd­chen im Ge­heimbund. Bekannt ist sie für ihre Klet­ter­kün­ste und Aus­dauer. In der Anzahl von Klimm­zügen kann ihr keiner was vor­machen. Weil sie dazu auch noch sehr schnell ist, wird sie von allen Flinki ge­nannt. Im Spurenle­sen ist sie ein­same Klas­se und sehr wichtig für die Trup­pe. Ihre größ­ten Hobbys sind ihr zahmer Wellensit­tich Leslie und ihren Bru­der Dieter ärgern.

 

   Dieter, Sarahs Bruder, ist einen halben Kopf grö­ßer als sie und mit 15 der älteste im Ge­heimbund. Sei­ne Stär­ke sind Stress­si­tua­tio­nen, wo er im­mer einen kla­ren Kopf behält und eiserne Ner­ven zeigt. Angst kennt er so gut wie gar nicht und sei­ne Hob­bys sind das An­geln und seine Aqua­rien. Seine Freun­de nennen ihn gerne  Dacki.

   Manfred, genannt Macke, ist der sportlichste der fünf Freun­de und 14 Jahre alt. Er ist immer auf Trab und kann keine Mi­nute still sitzen. Au­ßerdem hat er immer neue Idee­n im Kopf und ist für jedes Abenteuer zu ha­ben. Er ist immer um das Wohl­be­fin­den sei­ner Brüder be­sorgt. Sein Lieblings­sport ist das Basketballspiel und für seine 3-Punk­te Würfe ist er be­kannt.

   Felix, der zweite Bruder von Manfred und 1 ½ Jahr jünger als Macke , ist der ru­hende Pol in der Truppe. Es muss schon viel pas­sieren, ehe er seine Fas­sung verliert. Mit sei­ner Ru­he bringt er sogar seine Mut­ter zur Ver­zweif­lung. Seine Übersicht in ge­fährlichen Situa­tionen und sein gu­tes Ge­hör sind sehr wichtig für das Team. Sein Spitz­name ist Mur­mel, weil er so gerne lange und aus­giebig schläft.

   Torsten ist hellblond und wird auch Tobbs ge­nannt. Er ist zehn Jahre alt und der jüng­ste Bru­der von Manfred und Felix. Sei­ne Lu­stig­keit steckt immer wieder alle Mit­glieder der Trup­pe an. Sei­ne Stär­ke ist das An­schleichen und Beob­achten von Tieren und Men­schen. In seiner Frei­zeit spielt er, genau wie Felix und Dieter, sehr gerne Fuß­ball.

 

   Das sind also die Helden unserer Geschichte, die uns mit ih­ren Taten immer wieder in Erstaunen und Er­schrecken versetz­ten. Gut, dass die Eltern nicht alles wis­sen, was ihre Kinder so anstellten! ­

 

 

Kapitel 1

 

 Es war eine herrliche Nacht und der Vollmond sorgte mit seinem Licht dafür, dass trotz Mitternacht das Schloss Nordkirchen auch vom Schlossteich aus klar und deutlich zu sehen war. Es war unheimlich still und nur das Rufen der nachtaktiven Schleiereule war zu hören. Hier und da raschelte es im Laub, als ein Igel oder ein Mäuschen nach Nahrung suchte. Tobbs war allein und hatte fürchterliche Angst. Bis hierhin hatte er es geschafft den unheimlichen schwarzen Reitern auf ihren großen Pferden zu entkommen. So schnell wie möglich wollte er nach Hause. Immer wieder blieb er stehen und lauschte auf verdächtige Geräusche. In der Ferne hörte er die Kirchturmglocke im Dorf einmal schlagen und wusste, es war eine Stunde nach Mitternacht. Er hatte ein ganz schlechtes Gewissen, weil er einfach von zu Hause weggelaufen war. Und das nur, weil seine Mutter mit ihm geschimpft hatte. Warum nur regte sie sich ständig wegen allerlei Kleinigkeiten so tierisch auf? Einmal bekam er Ärger, weil er sein Zimmer nicht aufgeräumt hatte, ein anderes Mal, weil er sich verspätet hatte. Er war es leid mit der ewigen Meckerei seiner Eltern und hatte sich heute Abend aus dem Haus geschlichen, als alle anderen eingeschlafen waren. Aber jetzt hatte er große Angst und sein Herz schlug ihm vor lauter Aufregung bis zum Hals. Vor den schwarzen Reitern hatte er sich gerade noch verstecken können, als sie in wildem Galopp mit den riesigen Pferden und ihren schwarzen Umhängen zum ersten Mal an ihm vorbeiritten.

Die Reiter trugen lange schwarze Gewänder, ihre Gesichter waren unter den großen Kapuzen nicht zu erkennen. Nur die Augen des Anführers leuchteten wie heiße Kohlen in der Dunkelheit. Die Pferde waren unruhig und hatten den Geruch von Tobbs aufgenommen. Tobbs kauerte hinter einem gefällten Baum und wagte kaum zu atmen.

„Es muss jemand in der Nähe sein“, hörte er den Anführer zu den anderen schwarzen Reitern sagen. „Wir müssen ihn finden, denn er hat unser Geheimnis entdeckt. Also folgen wir seiner Spur und fangen ihn“.

Tobbs blickte vorsichtig über den Baumstamm und konnte genau vor der Mondscheibe die unheimlichen Reiter und ihre Pferde erkennen. Sie sahen furchterregend aus. An den Beinen und Hufen klebte Erde und Lehm, die Gewänder der Reiter waren schmierig und dreckig und der Schweiß der Pferde tauchte die Gruppe in einen unheimlichen Nebel. Der Gestank von den Pferden war fürchterlich und nur mit Mühe konnte Tobbs den Brechreiz unterdrücken. Die Pferde wieherten laut und stiegen mit den Vorderhufen immer wieder in die Höhe. Nur mit Mühe konnten ihre Reiter sie unter Kontrolle bringen.

„Ich spüre genau die Gegenwart eines Menschen, er muss dort drüben sein“, sagte der Anführer der unheimlichen schwarzen Reiter.

Langsam kam die Gruppe auf den Baumstamm von Tobbs zu. Er  kroch auf allen Vieren so schnell und leise wie es ging, von dem Baumstamm weg. Hoffentlich würden sie ihn nicht finden, sonst wäre es bestimmt um ihn geschehen. Was würden denn wohl die schwarzen Reiter mit ihm machen, wenn er erst einmal in ihrer Gewalt wäre? fragte er sich. Wahrscheinlich nichts Gutes. Die schwarzen Reiter waren ganz bestimmt die Geister, die jede Nacht ab Mitternacht das Schlossgespenst, den bösen Rentmeister Schenkewald, aus dem Schloss Nordkirchen abholten.

Die großen schwarzen Reiter waren Tobbs jetzt ganz dicht auf den Fersen. Nur noch wenige Schritte trennten ihn von den großen Hufen der Pferde. Wie konnte er sich nur vor den bösen Tritten retten? Er stand auf und lief so schnell er konnte durch den Wald. Hinter sich vernahm er eine laute Stimme. „Da ist er, fangt ihn!“

Donnernde Hufe und das Schnaufen der Pferde waren zu hören. Tobbs lief um sein Leben und sprang über Äste und gefällte Bäume. Er schlug Haken und wechselte ständig die Richtung. Würde er es vielleicht doch noch schaffen? Doch die Reiter kamen immer näher. Zu allem Pech stolperte Tobbs über eine Wurzel, die er in der Dunkelheit nicht gesehen hatte. Er war mit dem Knöchel umgeknickt und konnte sich nicht mehr von der Stelle rühren, als die schwarzen Reiter kamen. Schon stand das erste Pferd über ihm und hatte beide Vorderbeine in die Höhe gehoben. Jetzt war alles aus!! Tobbs schrie laut auf.

 

„Torsten, Torsten, wach auf!“ hörte er in weiter Ferne seine Mutter rufen. „Hab keine Angst, du bist doch zu Hause in deinem Bett.“

Tobbs schlug die Augen auf. Er befand sich in seinem Bett und war schweißgebadet. Gott sei Dank waren die bösen Reiter verschwunden und alles war nur ein schlechter Traum gewesen.

„Wovon hast du denn nur geträumt?“ wollte seine Mutter wissen.“Ich bin von deinem lauten Schrei wach geworden und sofort zu dir gelaufen. Mein Gott, was hast du mich erschreckt.“

„Fürchterlich böse Reiter haben mich im Schlosspark verfolgt und mich fast gefangen“, entgegnete Tobbs.

Seine Mutter nahm ihn ganz fest in den Arm und drückte ihn an sich.

„Jetzt brauchst du keine Angst mehr zu haben. Schlafe jetzt schnell und träume etwas Schönes.“ Sie gab ihm einen Gute-Nacht-Kuss und machte das Licht in seinem Zimmer aus. Die Tür ließ sie einen Spalt weit offen, damit etwas Licht in Tobb's Zimmer fiel.

Tobbs war von dem anstrengenden Traum völlig fertig und  schlief schnell und tief ein. Kein böses Pferd kam in dieser Nacht mehr auf ihn zu.