Die Oranienburg

Unter einem adäquaten musikalischen Vorzeichen, nämlich der Aufführung von Johann Sebastian Bachs "Musikalisches Opfer", stand das erste Konzert in der frisch restaurierten Oranienburg 1978, das dem Direktor der Fachhochschule für Finanzen, Dr. Schlutius, willkommene Gelegenheit gab, dieses Haus einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Mit Abschluß der Restaurierung hat das Haus, auch einen neuen Verwendungszweck gefunden. Wieherten hinter barocker Fassade vor noch nicht allzulanger Zeit Pferde, so hat jetzt die Verwaltung der Fachhochschule für Finanzen hier ihr Domizil. Und bei besonderen, Anlässen - wie etwa den Schloßkonzerten - erfährt der Besucher staunend, wie trefflich, barocke Musik in diesem Interieur des Festsaales sich hören läßt.

Bereits um 1705 hatte Fürstbischof Friedrich Christian Von Plettenberg westlich des Schlosses Nordkirchen einen Garten im "holländischen" Stil anlegen lassen. Den Änderungswünschen des Schloßherrn Ferdinand von Plettenberg folgend, gestaltete Johann Conrad Schlaun das eingeschossige Orangeriegebäude im Westgarten aus dem, Jahr 1718 zu einem doppelgeschossigen Gartencasino um und ver ängerte das Gebäude an der Südseite durch freistellende Galeriewände. Seitdem hieß die Orangerie "Oranienburg". Fast sechs Generationen hat sich dieser Zustand der Oranienburg nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1732 gehalten. Die barocke Umgebung wurde 1834 durch den damaligen Eigentümer, den ungarischen Grafen Esterhazy-Galantha, im englischen Stil umgewandelt. Wesentliche bauliche Änderungen erfuhr die Burg durch den Herzog von Arenberg in den Jahren 1910/12.

Nachdem das Land Nordrhein-Westfalen 1973 die Oranienburg gekauft und das Finanzministerium gegen Ende des Jahres 1974 den Um- und Ausbau für eine Nutzung des Gebäudes durch die VerwaItung der Schule genehmigt hatte, konnte die Arbeit beginnen. Da das Erdgeschoß als Pferdestall benutzt worden war, mußten zuerst die Pferdeboxen und der Fußboden im Erdgeschoß ausgebaut werden. Bodenheizung und Lüftung wurden installiert, der Natursteinoberboden neu verlegt, neue Türen und Fenster eingebaut sowie die stukkierten Deckenflächen im historischen Alttell restauriert. Nun kann dieser Großraum als Seminar- und Festsaal benutzt werden.

In der frisch restaurierten Oranienburg hat die Verwaltung der Fachhochschule für Finanzen ihr Domizil. Nach ihrer Restaurierung fungieren die beiden Kabinette und die nördlichen Eingänge als Verteilerflure zu den südlichen Galerieräumen mit Pausenhalle, Gruppenraum, Garderobe und Toiletten. Das nördliche Stiegenhaus wurde wieder zum Festsaal hin geöffnet und durch eine zweiflügelige Tür von ihm getrennt. Im Obergeschoß des Mittelbaus beseitigte man die frühere Raumaufteilung, verstärkte u.a. die Holzbalkendecke des Erdgeschosses und gestaltete die Raumauftellung entsprechend den Erfordernissen der Verwaltungsbüros, die hier untergebracht sind. In Leichtbauweise wurden Raumtrennwände eingebaut und ein Teppichbzw. Parkettboden eingebracht. Neue Geschoßdecken mußten aus statischen Gründen auch im Ost- und Westflügel des Gebäudes eingezogen werden, ebenso neue Raumtrennwände. Pausenhalle und Gruppenräume grenzen an den Altbau, Treppenhaus und Hausmeisterwohnung sind im nördlichen Teil des Westflügels untergebracht, während der Ostflügel u. a. eine Werkstatt und Garagen beherbergt. Die Obergeschosse sind als Bürotrakte genutzt, die sowohl von den Treppenhäusern als auch durch eine Stiege über den Balkon des Mitteltraktes zu erreichen sind.

In der nunmehr ausgebauten Remise wurde die Heizzentrale untergebracht, an die alle Gebäudeteile durch einen neu angelegten Heizkanal angebunden sind. Die große ehemalige Scheune bot überdies noch Platz für eine komplette Schreinerei und ein Materiallager im Dachraum sowie für Garagen. Die Installation für Stromversorgung, Heizung, Lüftung, Wasser, Fernsprecher mußte im gesamten Komplex der Oranienburg von Grund auf neu hergerichtet werden. Zum Teil mußten die Versorgungskabel, Wasserleitungen und Abwasserleitungen von der Hauptschloßanlage durch die Gräften, teils von den Neubauten im Sundern, herangeführt bzw. an deren Entsorgungsnetz angeschlossen werden. Im Frühjahr 1977 wurde mit dem Ausbau der Außenanlagen und Verkehriwege der Oranienburg begonnen. Um die südlich der Burg in Konturen noch sichtbaren barocken Gärten in Zukunft ungestört vom Autoverkehr herrichten zu können, wurde ein neuer verbreiterter asphaltierter Weg mit Anbindung an den Sundernparkplatz geschaffen. Burgallee und Vorplatz der Oranienburg bekamen eine Wegebefestigung in wassergebundener Ausführung. Im Traufenbereich, wie auch auf der Nordseite die Umfahrt, wird das Gebäude von Natursteinpflasterflächen und einer Rasenparterre stilvoll eingerahmt.



(aus dem Jahrbuch des Kreis Coesfeld 1978)