Tips und Tricks : Die Wander- und Berghose



In grauer Vorzeit ..." so beginnen gerne irgendwelche Geischichten und Erzählungen. Diese gängige Einleitungsfloskel wurde sicher geprägt von den felsfarbenen Beinkleidern, welche die Bergsteiger früher und noch bis in die siebziger Jahre trugen: Walliser Loden naturgrau.

Heute treibt sich ein bunt-behostes Völkchen im Gebirge herum, lustig anzusehen und ausgesprochen fotogen. Doch hat sich nicht nur die Farbgebung der Bergsteigerhosen verändert. Während ehemals solider Walliser oder Schladminger Loden das Grundmaterial für nahezu jede Berghose lieferte und der weite Knickerbocker sich zur modisch-engen Kniebundhose entwickelte, gibt es heute für die verschiedenen Spielarten dieser Sportarten auch unterschiedlichste zweckentsprechende Ausführungen in verschie densten Materialien.



Eine Berghose wählt man heute nach den Kriterien

Sommer: Wandern, Hochtou ren, Trekking, Allroundeinsatz Klettern, Training

Winter: Skitouren, Hochtouren

Trekking, Expeditionen



Grundsätzlich rede ich von der langen 'Berghose, die aus elastischen Stoffen genäht ist. Hier sind zweifelsohne Materialien des Schweizer Herstellers Schoeller derzeit am gefragtesten.



Der Schnitt macht die Hose!

Es gibt Hosen, da hängt der Zwickel zwischen den Knien, beim Bücken gerät der halbe Hintern ins Freie und bei einem hohen Schritt, was im Gebirge ab und zu vorkommen soll, klemmt das Hosenbein am Knie und behindert die Bewegung. Also: Der Hosenbund muß an der Hinterseite deutlich höher geschnitten sein. Die Hose muß "zwischendrin" gut sitzen, es gibt Hosen mit einem speziell ausgearbeiteten -7mIckel (z. B. bei Mammut), was sich natürlich beim Preis, aber noch mehr beim Tragekomfort bemerkbar macht (perfekter Sitz, mehr Bewegungsfreiheit, schneidertechnischer Höchststandard).

Ausgearbeitete (= vorgeformte) Knie zeigen an, daß der Hersteller viel vom Sport versteht: Man beugt leichter und hat keine lästige Wurst in der Kniekehle. Der Beinabschluß hat am besten einen Gummizug, den man (vorausgesetzt die Hosenbeine sind lang genug) über den Schuhrand ziehen kann, was bei normalem Gebrauch die lästigen Gamaschen erspart.

Als vorteilhaft erweist sich, wenn die besonders beanspruchten Stellen gedoppelt sind: der Hintern (für Abrieb), die Kniepartie (für Wind- und Wärmeschutz). Neben den"normalen" Berghosen gibt es noch jene mit Hosenträger, mit besonders hochgeschnittenem Bund bis hin zur ausgesprochenen Latzhose, was ich persönlich sehr schätze. Der Vorteil liegt darin, daß das Hemd nicht rausrutschen kann und die Nierengegend optimal geschützt ist.



Damit sind wir bei der Skitourenhose. Es gibt sie innen leicht angerauht (tolles Tragegefühl), warm gefüttert, oder mit einem Insert aus Polyester, das ähnlich wie Funktionswäsche gleichzeitig iso-liert und Feuchte abtransportiert.

Im Beinabschluß sollte eine Innengamasche (= Schneefang) integriert sein, die weit genug ist, daß man sie über einen Skischuh bequem drüberbringt. Die Innenseite des Beinabschlusses- sollte mit einem robusten Material als Kantenschutz (auch Schutz vor Steigeisenzacken) ausgestattet sein, da sonst bald die Fetzen weghängen. Wenigstens eine Tasche muß so beschaffen sein, daß das VS-Gerät bequem und gesichert (mit RV) untergebracht werden kann.



Die Kletterhose. Hier. gilt: Nicht jede Kletterhoseu ist eine Kletterhose! Eine richtige sollte jedenfalls eng und elastisch sein, angenehmes hautfreundliches Material haben (Baumwolle mit hohem Kunstfaseranteil und Elasthan = hoher Tragekomfort, trocknet schnell).



Die Leibhöhe muß höher als üblich geschnitten sein, damit nicht Unterhosengummi, Hosengummi, Klettergurt und Hüftknochen aufeinanderdrücken, was nicht besonders angenehm ist und bewegungshemmend wirkt. Aus diesem Grund gibt es spezielle Damenkletterhosen ohne Bundabschluß. Die - wenn auch sparsame - Taschenanordnung sollte ebenfalls unter diesen Gesichtspunkten konstruiert sein, daß man das Topo nichtjedesmalunterirgendwelchen engsitzenden Gurten rausund reinwürgen muß. Ausgezeichnete durchdachte Modelle gibt's z.B. von LOSTARROW.



Die ganz dünnen Tights der Achtziger Jahre sind nicht mehr so gebräuchlich, etwas dickere Stoffqualitäten haben sich durchgesetzt. Aber egal, ob bunte weitgeschnittene Baumwoll-Freizeithosen, hautenge knielange Tights oder technisch ausgereifte Kletterhosen - der modische Aspekt wird bei Kletterern groß geschrieben, und das ist auch nett anzusehen.



Die Überhose braucht jeder. Ob der Sportkletterer in hochalpinen Routen, der Bergwanderer, Skifahrer, der Hochtourist und der Eisfallspezialist. Sie ist die Versicherung bei Wind, Nässe und Wettersturz - wie auch das dazugehörige Oberteil, der Anorak). Die Überhose muß vor allem wasserdicht sein und einen durchgehenden RV haben, um sie schnell über die Schuhe, Steigeisen, Ski anziehen zu können.

Eine hochwertige Überhose für extreme Ansprüche zeichnet sich zusätzlich aus durch eine vorgeforinte und verstärkte Kniepartie (hier besonders wichtig).

Es gibt von verschiedenen Markenherstellern unterschiedliche Ausführungen: So verwendet mammut z.B. als einziger Goretex-Verarbeiter das neue Goretex 2,5 an den besonders beanspruchten Stellen und verstärkt Knie und Hintern zusätzlich mit Cordura.

Lowe Alpine schwört auf das neu entwickelte Material Triplepoint, eine PU-Beschichtung, die mittels Ceramicteilchen auf einen Spezialstoff aufgetragen und in diesen integriert wird. Laut Lowe Alpine haben beschichtete Stoffe Vorteile gegenüber Laminaten in punkto Robustheit und langer Lebensdauer.



Last not least gibt es fantastische dünne Fleecehosen aus elastischem Malden-Fleece (z. B. die Power Stretch von Lowe), die leicht und angenehm zu tragen sind, den Wind einigermaßen abhalten und in Verbindung mit einer Überhose nach dem Zwiebelprinzip viele Möglichkeiten eröffnen.



Tips



Mit leichter Bekleidung hat man mehr Spaß an der Bewegung. Deshalb die Berghose so wählen, daß man das Schichten- oder Zwiebelprinzip anwenden kann: im Bedarfsfall muß eine lange Unterhose drunter und eine Überhose drüber passen.



Vorteile eines langen Hosenbeins: kein Sonnenbrand an der Wade, die isolierende Luftschicht kühlt im Sommer und wärmt im Winter, im Sommer kannnn man beim Bergsteigen kurze Socken tragen, bei normalen Unternehmungen spart an die lästigen Gamaschen - Schnee und Geröll können nicht in den Schuh geraten.

Man achte bei den Hosensäcken auf genügend Tiefe und hautfreundlichen Stoff!



Es ist kein Leichtsinn, im Sommer mit kurzer Hose eine Bergwanderung zu unternehmen. Es ist jedoch fahrlässig, keine Oberhose im Rucksack mit dabei zu haben!



Eine gute Berghose sollte eine große Außentasche haben. Achten Sie darauf, daß eine AV-Karte darin Platz findet.



Nur eine optimale Paßform (Schnitt) macht eine gute Hose! Eine Damenhose braucht einen anderen Schnitt als Männerhosen. Es gibt langbeinige Leute und solche mit kurzen Haxen. Im Zweifelsfall die Hose mit Ihren Bergschuhenanprobieren. Fragen Sie, ob Änderungen möglich sind.



Bei Extrem-Oberhosen ist darauf zu achten, daß sie eine dropseat-Funktion haben, d. h. daß die Hosenträger und RVs so angeordnet sind, daß hinterlistige Zwecke" nicht behindert werden.



In den Bergen wohnt die Freiheit. Es darf sich natürlich jedermann/frau anziehen nach seinem/ihrem Gusto. Wer sich je.doch nach wie vor für die altehrwürdige klassisch-kleidsame Kniebundhose entscheidet, sollte aber dann schon ordentliche Wadl zum Herzeigen haben!



Pepi Stückl, Bergführer