Latemar - Rosengarten -Schlern
Das weite, grüne Fleimstal bildet das wichtigste «Tor», das aus dem Trentino in dieses faszinierende Felsenreich führt. Im Talgrund, der von Wäldern und Weiden bedeckt ist und sich in rund 10Ö0 m Höhe hinzieht, reihen sich liebliche Dörfer aneinander. Cavalese ist der Hauptort der Fleimser Talgemeinschaft, die - im Zuge einer noblen Tradition - heute im Sommer wie im Winter ein
ideales Urlaubsgebiet darstellt. Berühmt ist auch Predazzo, das sich durch die geologische Zusammensetzung der Umgebung und den Mineralienreichtum weltweiten Ruf als großes naturwissenschaftliches «Museum im Freien» erworben hat. All diese Orte, die sich durch eine persönliche Note auszeichnen, ermöglichen einen raschen Kontakt zu der Felsenwelt, von der das Tal ringsum eingeschlossen wird.
Als erste Dolomitengruppe fällt hier der Latemar auf, der ein äußerst abwechslungsreiches Aussehen hat. Wie fast alle Dolomitenmassive hat auch er zwei völlig unterschiedliche Gesichter: Während er auf der Ostseite sanft und leicht zugänglich ist, ragt er im Westen mit betürmten, steilen, von senkrechten Rinnen durchzogenen Wänden auf, die ihm ein wildes, doch zugleich auch elegantes Aussehen verleihen. Von einigen leichten und lohnenden Zugängen abgesehen, wirkt der Latemar insgesamt abweisend und unzugänglich, und das brüchige Felsgestein hat Wanderer wie Bergsteiger immer etwas ferngehalten. Eine neu erbaute Schutzhütte, einige Biwakhütten und ein großartiger Klettersteig haben in letzter Zeit aber zahlreiche Besucher angezogen.
Der zentrale Teil der Latemargruppe besteht aus hohen Gipfeln, die durch scharfe, zerklüftete Grate miteinander verbunden sind und eine stark untergliederte Felsbastion bilden, die sich sichelförmig vom Karerpaß bis zur Erzlahnspitze hinzieht. Am Fuß dieser ein wenig abweisenden Berge liegt mitten unter dichten, dunklen Wäldern der klare, reizvolle Karersee, in dem sich die umliegenden Dolomitengipfel spiegeln. Die Natur hat hier ein Juwel geschaffen, das von Tausenden von Besuchern bewundert und besungen worden ist und heute zu den berühmtesten, klassischen Dolomitenbildern gehört. Der nahegelegene, sanfte Sattel des Karerpasses bildet einen lieblichen Kontrast zu den starren, erhabenen Felsgipfeln.
Im Norden liegen den grauen Felspfeilern des Latemars die rötlichen Felsen der nackten, eindrucksvollen Rotwand gegenüber. Sie bilden die südlichen Ausläufer des Rosengartens, einer der bekanntesten und meistbesuchten Dolomitengruppen. Während der Karerpaß den Rosengar-ten im Süden abschließt, grenzt dieses Riff im Norden an die Seiser Alm, im Osten an das Fassatal und im Westen an das Tierser Tal. Der Name «Rosengarten», der auf eine uralte Dolomitensage zurückgeht, erweckt Träume und romantische Visionen, die von den realen Formen dieser faszinierenden Hochgebirgswelt noch bestärkt werden.Mit einem Hauptgrat und langen, schmalen Ketten zieht sich der Rosengarten von Norden nach Süden hin. Höchster, mächtigster Gipfel ist mit 3004 m der Kesselkogel, von dem aus man einen weiten Ausblick sowohl auf die ganze Gruppe wie auch auf die überall am Horizont anfragenden Bergketten genießt. Noch schlanker und eleganter ist die 2981 m hohe Rosengartenspitze, die der ganzen Gruppe den Namen gibt und außerdem den nördlichen mit dem südlichen Teil des Massivs verkettet. Eine besonders starke Anziehungskraft üben die drei Vajolettürme aus: der Delago-, der Stabeler- und der Winklerturm, die in reinen, klaren Formen in einer wilden Berglandschaft aufragen. Doch neben diesen berühmten Gipfeln gibt es überall im Rosengarten noch fast unbekannte, einsame Gegenden mit Bergen, die bisher kaum einmal betreten worden sind. Ein Beispiel dafür sind die Dirupi di Larsec, die mit ihrer unregelmäßigen Felsgestalt reizvolle, wilde Landschaftsbilder ausmachen.
Der Rosengarten ist dank bequemer Zufahrtsstraßen leicht zugänglich und von allen Seiten her zu bewundern. Ein Meisterwerk der Straßenbaukunst ist die Große Dolomitenstraße, die von Bozen nach Cortina d'Ampezzo führt und von der aus man mehrere Zugänge zum Rosengarten hat. Ein außergewöhnlich dichtes Wegenetz und zahlreiche Schutzhütten bieten hervorragende Möglichkeiten zu Aufstiegen und Überquerungen. Bekanntester Zugang ist jedenfalls der 1949 m hoch gelegene, grüne Gardeccia-Talkessel, der im Herzen der Gruppe liegt und von der mächtigen Ostwand der Rosengartenspitze überragt wird. Ein Abglanz der Schönheit dieser Gruppe fällt auch auf das Fassatal zurück. Die Dörfer Campitello, Mazzin, Pera, Pozza, Vigo und Moena und andere, kleinere Orte können mit vorzüglichen touristischen Einrichtungen aufwerten und haben eine vielversprechende Zukunft vor sich.
Wegen seiner besonders eindrucksvollen Lage am Fuß mehrerer schlanker, hoch anfragender Felsberge wird der Ort Moena auch als «Fee der Dolomiten» bezeichnet. Auf der anderen Seite der Rosengartengruppe zieht sich die Tierser Alm mit mehreren kleinen, lieblichen Sommerfrischen hin, und sie verbindet den Rosengarten mit dem Schlern. Im Jahr 1974 ist dieses Gebiet in einen Naturschutzpark verwandelt worden, damit seine reichen Naturschönheiten erhalten bleiben. Auch seltene Tiere wie Gemsen und Steinadler haben in dieser großartigen Dolomitengegend ein ideales Habitat gefunden.
Der Schlern besteht aus einem stillen Hochplateau. Unter den hohen Wänden, die es umragen, fallen durch ihre ausgeprägte Gestalt die Santner- und die Euringerspitze auf. Kühne Formen hat auch die zerklüftete Kette der Roßzähne aufzuweisen, deren tonhaltiges Gestein eine rötliche Farbe hat. Den höchsten Punkt des Plateaus bildet der zentral gelegene Petz. Gut angelegte und klar markierte Wege geben dem Wanderer Gelegenheit, von diesem Aussichtsbalkon aus großartige Dolomitenpanoramen zu genießen. Wenn der Schlern sich an Höhe auch nicht mit anderen Dolomitenkolossen messen kann, so stellt er mit seiner noch urtümlichen Landschaft doch den wichtigen Bestandteil einer Gegend dar, die mit unvergleichlichen Felsformationen aufwerten kann.