Die Tofane



Seine landschaftliche Schönheit verdankt Cortina d'Ampezzo nicht zuletzt dem klassischen Dreigestirn der Tofane. Dieser Sammelname gehört einem Gebirgsstock, der unbestritten zur allerersten Dolomiten-Prominenz überhaupt gehört. Im Nordwestabschnitt des Ampezzaner Beckens, zwischen der Dolomitenstraße zum Falzarego-Paß und der Strada d'Alemagna von Cortina nach Peutelstein, formt das Trio Tofana di Rozes (3225 in), Tofana di Mezzo (3244 in) und Tofana di Dentro (3238 m), ein großartiges Bergbild, zu dem jeder Cortina Besucher bewundernd aufblickt.



Auch Berge haben ein Schicksal, es beginnt mit ihrem Eintritt in die Alpingeschichte. In Paul Grohmann mußten die Tofane einen gemeinsamen Bezwinger hinnehmen. Am 29. August 1863 eröffnete Grohmann mit der geglückten Tour zur Tofana di Mezzo seinen einmaligen Siegeszug in den Ampezzaner Dolomiten. Auf den Tag genau ein Jahr später kam er zur Tofana di Rozes, und wiederum ein Jahr später, am 27. August 1865, fiel ihm die Tofana di Dentro zu. Nach Grohmann verlagerte sich das bergsteigerische Hauptinteresse allmählich zur Tofana di Rozes. Ihre unvergleichliche, von acht mächtigen Pfeilern getragene Südwand ist noch heute das Kletter-Mekka im Ampezzaner Raum. Im Mai 1915 vertrieb der Dolomitenkrieg die friedlichen Nacherschließer. Die erbarmungslosen Kämpfe zwischen den Kaiserjägern und den Alpini-Soldaten stellten die Tofana di Rozes in den Mittelpunkt des dortigen Kriegsgeschehens. Der Klettersteigweg zum Gipfel, die Ferrata Lipella, berührt mehrere Orte, die Schauplätze dramatischer Ereignisse waren.



Seit 1971 steht die Tofana di Mezzo im Brennpunkt des allgemeinen Interesses. In diesem Jahr eröffnete Cortina an der »Mittleren Tofana« eine neue, aber auch laute Zeit. Die Kabinenseilbahn Freccia nel Cielo, der »Himmelspfeil«, schnellt bis in die Höhe von 3195 Meter! Die Bergstation klebt knapp 50 Meter unter dem Gipfel an senkrechtem, südostseitigem Fels. Der Bergsteiger bevorzugt den Aufstieg zur Tofana di Mezzo von der Dibona-Hütte (2050 m) oder von der Pornedes-Hütte (2303 m) aus über die kühn angelegte Ferrata Olivieri.



Die »Hintere Tofana«, Tofana di Dentro genannt, steht, wie die Anrede vermuten läßt, etwas im Abseits ihrer berühmten Schwestern. Mit gebänderten, teilweise schuttbedeckten, gewaltigen Steilflanken fußt diese Tofana im Travenanzestal, nach Norden, zum Talwinkel von Peutelstein, bildet ihr vergletscherter Nordgrat eine glänzend weiße, elegant geschwungene Firnschneide. Mit diesem in den Dolomiten seltenen Schmuck, aber vor allem mit der Ferrata Formenton durch die verfallenen Kriegsstellungen auf ihrem Nordrücken lockt sie die Bergsteiger von der Mezzo über die Tofana-Scharte zu ihrem Gipfel herüber.